Die Angst vorm Loslassen

    Die Hände vom Steuer nehmen, bei 160, 180 km/h – was für eine grauenhafte Vorstellung. 59 Prozent der deutschen Autofahrer und Autofahrerinnen finden das beängstigend. Ich auch. Das Ehepaar Draeger, das ich beim Abholen seines Neuwagens begleiten durfte, gehört zu den anderen 41 Prozent. Für sie ist das Loslassen die Mobilität der Zukunft. Die Automobilindustrie arbeitet mit Hochdruck am „autonomen Autofahren“. Protoypen, die ohne menschliches Zutun auf der Autobahn fahren, sind bereits am Start.

    Bei der International Consumer Electronics Show in diesem Januar war das Breaking News: ein führerloser Audi A7 fuhr vom Silicon Valley 900 Kilometer bis nach Las Vegas, direkt zur Fachmesse für Unterhaltungselektronik. Straight ahead auf der Interstate 5: die weltweit erste Fahrt auf einer öffentlichen Straße mit Autopilot und Journalist*innen als Testfahrer.

    Ich sollte auch so ein Auto testen. Bei der Recherche zum Thema rutschte ich zu meiner Überraschung in einen Timeslot, der mir zwei Stunden Probefahrt mit einem autonom fahrenden Audi versprach, im fließenden Verkehr der A9, die dichtbefahrene Autobahn zwischen Ingolstadt und Nürnberg. Dankeschön, nicht mit mir. Ich habe echt Angst.

    Da würde ich mich nie reinsetzen. Das sag ich jetzt so und werde vermutlich selbst in 20 Jahren in einem fahrerlosen Automobil herumgurken. Das autonome Autofahren kommt, davon sind viele überzeugt. So wie wir heute auf den Smartphones fernsehen können. Als die Handys aufkamen, hat auch keiner daran geglaubt.

    Zurück zur Testfahrt auf der A9 – Wie gut, dass es Kollegen und Kolleginnen gibt, die nach solchen Top-Jobs lechzen. Auf deren Drehmaterial kann die Redaktion zugreifen. Ich muss das nicht selber drehen. Deshalb bin ich sehr froh, einen anderen Twist für meine Geschichte über das autonome Autofahren gefunden zu haben.

    Längst werden wichtige Module life getestet. Automatische Verkehrszeichenerkennung, kontrolliertes Beschleunigen und Abbremsen, Abstand halten zum voraus fahrenden Fahrzeug: sogenannte Assistenzsysteme wurden zunächst in Luxuslimousinen eingebaut. Inzwischen kann sich, wer einen Mittelklassewagen kauft, vollelektronisch beim Autofahren helfen lassen, so wie das Ehepaar Draeger. Und so haben wir dann gedreht wie ihr neues Auto in seine Parklücke schlüpft, während der Fahrer die Hände in den Schoß legt.

    “Sonntags – TV fürs Leben”, 17.5.2015, 9 Uhr, ZDF

    ZDF-Mediathek ab Minute 16’34: Mobilität der Zukunft