Autocrash fake
Ein Auffahrunfall – es kracht, es scheppert, der Unfallverursacher macht sich aus dem Staub. Und keine Kamera dabei. Aber für einen Beitrag im ARD-Ratgeber Recht brauche ich die Szene. Also stellen wir die Situation nach. Als Location wähle ich eine Straße in Neukölln, ähnlich wie der echte Unfallort, nur weniger Verkehr. Wir wollen nicht gestört werden, an diesem Sonntagnachmittag. Die Frau am Steuer und ihre Tochter müssen das Erlebte nachspielen. Die Kamera sitzt ihnen auf der Pelle, sie müssen als Laien schauspielern, ohne zu schauspielern. Das machen sie prima, Chapeau. Aber der eigentliche Crash? Wir können ja kein Auto hinten reinrauschen lassen. Das machen die in Hollywood, aber doch nicht wir.
Was tun? So tun als ob. Zwei starke Männer schubsen auf Kommando, die Frauen vorne im Fond schleudern ein bisschen doller als der Impuls vom Heck. Hmm, wirkt irgendwie nicht echt, aber mehr Rumms geht nicht. Im fertigen Fernsehbericht sieht es super aus, wie im Spielfilm, mit schnellen Schnitten, Action-Musik und Sound von einem Original-Unfall. Da haben wir am Schneidetisch gezaubert. So schön kann Fernsehen sein.Ach, hätte ich ganz vergessen – die Sache um die es geht: Der Unfallverursacher war nicht versichert, einer von wenigen hundert Autofahrern, die die Haftpflicht ignorieren. Dumm nur, dass bei seiner Ex-Versicherung niemand wusste, dass kein Versicherungsschutz mehr besteht. Der Geschädigte nahm sich kostspielig einen Mietwagen und einen Gutachter und, nach quälend ergebnislosen Telefonaten mit der Hotline („wir prüfen noch, bitte Geduld“), ließ er Wochen später selber für teuer Geld sein Auto reparieren. Alles in allem 7000 Euro Schaden – Bleibt er darauf sitzen?
Da schwebt engelsgleich die Presse herbei, vertreten in meiner Person. Ich bringe neuen Schwung in die verfahrene Angelegenheit und die Versicherung dazu, Kosten zu übernehmen.
“ARD-Ratgeber Recht”, 21.9.2013, 17 Uhr, ARD
ARD-Mediathek: Schwarzfahrer – Fahren ohne Versicherungsschutz