Pflege daheim – ganz legal
Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht. Beim Dreh habe ich diesen winzigen Moment kaum wahrgenommen. Aber am Schneidetisch sehen wir es auf allen Bildschirmen. Teresa lächelt verschmitzt. Ihr Deutsch ist dürftig: “Meine Firma kaputt, keine Arbeit, ich komme Caritas, Familie Karin alles gut.” Das sagt auch schon alles.
Die arbeitslose Bürokraft aus Polen arbeitet als Haushaltshilfe bei einer schwerkranken Frau, die nicht mehr allein aus dem Bett kommt. Fünf lange Monate schon lebt sie bei der pflegebedürftigen 75jährigen mitten auf dem platten westfälischen Land. Es gibt nichts was sie nachhause zieht, in ihr polnisches Dorf. Die Söhne sind groß und haben in Belgien Arbeit gefunden. Der Ehemann? Sie macht eine wegwerfende Handbewegung, sie vermisst ihn nicht.
Aber da ist dieses Lächeln. Diese Freude eine Arbeit gefunden zu haben. Bei Deutschen, die nett zu ihr sind – und eine Handvoll Freundinnen. Denn in den Ortschaften ringsum werden viele pflegebedürftige Menschen von polnischen Haushaltshilfen betreut. Sie bilden eine verschworene Gemeinschaft, die Polinnen. Sie telefonieren hin und her, eine hat ein Auto, holt die anderen am freien Nachmittag ab. Sie lachen und schwatzen und wer zuletzt in der Heimat war, bringt den anderen eine Kleinigkeit mit, und sei es Schokolade.
Lange Zeit war es illegal eine osteuropäische Betreuungskraft die Pflege machen zu lassen. Inzwischen gibt es anerkannte Spielregeln, jede Haushaltshilfe kann und muss angemeldet werden, sonst ist es Schwarzarbeit. Allerdings, was Pflegebedürftige brauchen ist meist eine Versorgung rund um die Uhr. 24-Stunden-Betreuung, 7 Tage die Woche, das ist immer noch Grauzone. Deutsche Arbeitsschutzgesetze schreiben ganz klar 11 Stunden ungestörte Ruhezeit vor. Arbeits- und Freizeit, Urlaub muss zum Schutz der Haushaltshilfe fest vereinbart werden, alles andere ist Ausbeutung.
Seit Jahren schon wird in Deutschland um eine verträgliche Lösung gerungen, um Alten und Kranken eine Rundumbetreung in der gewohnten, häuslichen Umgebung zu ermöglichen – zu einem bezahlbaren Preis. Vor sechs Jahren hatte ich das erste Mal eine polnische Helferin vor der Kamera. Es ging es um ein geschummelt legales Betreuungsverhältnis mit einer kämpferischen polnischstämmigen Vermittlerin, die für die Legalisierung durch die Talkshows tingelte. 2008 habe ich über eine 75-jährige emeritierte Professorin berichtet, die für die Pflege ihres 100jährigen Ehemannes durch eine Ungarin ein Bußgeld wegen Schwarzarbeit zahlen musste und empört an die Presse ging. In diesem dritten Beitrag geht es endlich um ein ganz legales Beschäftigungsverhältnis, organisiert von “Caritas 24 – zuhause betreut”.
Die polnische Frauenministerin ist voll des Lobes für das gemeinsame Projekt mit der Caritas Polen, denn für die Frauen, die so weit weg von der eigenen Familie liebevolle Betreuungsarbeit leisten, ist eine Menge erreicht: Absicherung durch Beiträge zur Krankenkasse, Rentenversicherung, Unfallversicherung. Jeder, der den Schritt aus der Schwarzarbeit tut und seine Haushaltshilfe legalisiert, tut viel für diese Frauen. Das ist so wertvoll – wer das Lächeln in Teresas Gesicht sieht, versteht warum.
“ARD-Ratgeber Recht”, 16.11.2013, 17 Uhr, ARD
ARD-Mediathek: Pflege zuhause – ganz legal