Sikh: Lass Dein Haar herunter
Mir stockt der Atem. Jetzt öffnet der Sikh-Prediger tatsächlich seinen Turban vor laufender Kamera. Ich hatte ihn gebeten, uns sein langes Haar zu zeigen. Zu der Religion der Sikh gehört das Gebot, das Haar nicht zu schneiden. Es ist Gottes Werk.
Aber darf ich soweit gehen, einen religösen Menschen um solch eine intime Handlung zu bitten? Als Reporterin muss ich über meinen Schatten springen und ständig von Interviewpartnern Tätigkeiten einfordern, was ich im Privatleben nicht wagen würde. Aus Respekt und Rücksichtnahme. Und weil mich das in der Regel nichts angeht. Aber als Journalistin habe ich einen Auftrag. Der hiess in diesem Fall für das ZDF: berichte über die Haartradition der Sikh.
Kashmir Singh beginnt mit aller Gelassenheit den Turban-Stoff von seinem Kopf zu wickeln, sind es drei oder fünf Meter? Eine irrsinnige Menge jedenfalls. Dann löst er den erstaunlich kleinen Dutt über seiner Stirn und kämmt das Haar. Hier fängt er an, mein Bericht.
Viele bunte Saris, gelbe, grüne, schwarze und weiße Turbane und kleine Jungs mit kunstvoll geflochtenem Haar und einem bestickten Tüchlein auf dem Stirndutt. Zwischen den Gebetssessions und der Sonntagsschule spielen sie Fußball. Die Berliner Sikh-Gemeinde hat uns einen Sonntag lang an ihrem Gottesdienst teilnehmen lassen. Viereinhalb Stunden. Und uns danach zum gemeinsamen Mahl eingeladen, zu köstlichem indischen Essen, vegetarisch. Auch das ist Traditon.
“Sonntags – TV fürs Leben”, 15.6.2014, 9 Uhr, ZDF
ZDF Mediathek: “Haare und ihre göttliche Energie”